Der Witz ist alt und klingt makaber: „Wein kann man auch aus Trauben machen,“ flüstert der alte Winzer als „Betriebsgeheimnis“ auf dem Sterbebett seinen Söhnen zu, bevor er das Zeitliche segnet. Was der Witz verschweigt: Aus Trauben wird noch viel mehr gemacht – so Tresterbranntwein, Traubenmehl und als edle Spezialität für Kenner neuerdings auch Traubenkernöl. „Im Grunde geht nach der Weinlese nichts verloren, was wir aus dem Wingert holen,“ verrät Winzer Peter Breiling (Maikammer), einer von nur zwei der rund 3000 Pfälzer Winzer, die Traubenkernöl produzieren.
In anderen Weinbauregionen der Welt haben Winzer diese kleine Marktlücke längst entdeckt und produzieren seit 2013 jährlich etwa 60 000 Tonnen Traubenkernöl – das sind immerhin 60 Millionen Liter. Damit dürfte allerdings bereits die Spitze erreicht sein, denn die Produktion dieser Spezialität ist aufwändig und im Grunde genommen nur etwas für Idealisten. „Verdienen kann man damit nichts,“ weiß Breiling und auch Winzerin Susanne Rummel (Landau-Nußdorf) stimmt darin ein: „Der Aufwand ist erheblich – der Ertrag hält sich in Grenzen…“
Die Zahlen sprechen für sich: Aus etwa zwei Tonnen Traubenrückständen nach dem Keltern müssen 40 Kilogramm Kerne ausgelesen werden, aus denen dann nach einem diffizilen Verfahren ein Liter Traubenkernöl entsteht. Im Verkauf in Viertelliterflaschen bleiben für die Winzer etwa 50 bis 80 Euro pro Liter – bei Breiling schlägt der Umsatz rechnerisch bei 60 bis 100 Litern pro Jahr mit rund 5000 Euro, bei Rumnel bei 200 Litern mit etwa 10 000 Euro zu Buch. Susanne Rummel: „Traubenkernöl ist für uns kein bedeutender Wirtschaftsfaktor…“
Das liegt auch daran, „dass wir das meiste Öl selber verbrauchen,“ verrät die Südpfälzer Winzerin, „denn es gibt einfach kein besseres und gesünderes Öl.“ Das sieht auch ihr Kollege Peter Breiling so, dessen Vater Fritz sich in den 80er Jahren daran erinnerte, dass Traubenkerne in den mageren Kriegsjahren für die Ölproduktion „auf Befehl“ gesammelt wurden. „Mein Vater hat dann angefangen, mit den Traubenkernen und ihrer Verwendung als Ölrohstoff zu experimentieren – und wir haben nun vielleicht aus Nostalgiegründen diese Spielerei übernommen.“
Der Aufwand ist auch für Laien sichtbar gewaltig. Zunächst müssen aus dem Trester die Kerne herausgelesen und getrocknet werden („sonst fangen sie an zu schimmeln und sind damit wertlos“). Mit ehemaligen Getreide-Reinigungsgeräten werden auch diese trockenen Kerne noch einmal von Hülsen und Staub befreit, ehe sie in eine spezielle Ölmühle zum Pressen kommen. Das Nussdorfer Weingut hat sich eine solche Mühle angeschafft – Breiling schickt seine etwa zwei Tonnen getrockneten Traubenkerne zu einem Ölmühle-Spezialisten in Landau an der Isar.
Die Traubenkerne werden kaltgepresst – ein aufwändiges, aber ideales Verfahren für hohe Qualität. Die „Machart“ des Öls können auch Laien nachvollziehen: Hellgrün kommt es kaltgepresst aus der Flasche – hellgelb verrät heißgepresste Produktion. Der Geschmack ist gleich:Traubenmernöl schmeckt nussig und fruchtig. Sein Gehalt an Kalorien ist gewaltig: Hundert Gramm enthalten 884 Kalorien. 70 Prozent des Öls sind mehrfach ungesättigte, nur zehn Prozent gesättigte Fettsäuren.
Dass dieses aufwändig entstandene Öl etwas Besonderes sein muss, wussten bereits die alten Römer und die Menschen im Mittelalter: Sie verwendeten es nicht nur als Zusatz für wohlschmeckende Speisen, sondern auch als Mittel bei Entzündungen und für Kosmetika. Auch heute schwören viele Liebhaber auf seine Wirkung bei der Hautpflege und bei Massagen, für die Blutgerinnung und für die Linderung von Entzündungen. „Ich halte dieses Öl für herausragend für die Gesundheit,“ schwört Susanne Rummel auf ihr Trauben-Nebenprodukt.
Info: Breiling Telefon 06321 – 5020, Rummel Telefon 06341 – 61972.