Vor fast 400 Jahren sind die #Auerochsen im Südwesten, das grösste Landsäugetier Europas, ausgestorben – nun kann man „Abbilder“ von ihnen in der Pfalz und in Südhessen sehen: Im Wald westlich des Weindorfs St. Martin, in Gräfenhausen bei Annweiler, im Tal der Wieslauter im Wasgau und bald auch in Frankenstein zwischen Bad Dürkheim und Kaiserslautern weiden derzeit etwa zwei Dutzend dieser mächtigen Rinder, deren Vorfahren für Laien heute fast nur noch im Kreuzworträtsel als „Ur“ vorkommen. Der letzte Auerochse Europas soll angeblich im Jahr 1627 gestorben sein – eine ganze Rasse war damit verschwunden.
Zu Beginn des 20.Jahrhunderts wollten sich Zoologen daran machen, die Sünden der Verfahren zu korrigieren. Die Brüder Heinz (1894-1982) und Lutz Heck (1892-1983) als Direktoren der Zoologischen Gärten in Berlin und München versuchten, durch „Rückzüchtung“ die ausgestorbene Wildform des Rindes wieder auf die Wiesen und in die Wälder zu bringen – der Versuch scheiterte. Geblieben ihrer Zuchtbemühungen sind die nach ihnen benannten „Heckrinder“, die zwar mit ihrem Fell und ihren Hörnern den Wildformen der Rinder ähnlich sehen – aber viel kleiner sind. Statt „Rückzüchtung“ spricht man deshalb heute von „Abbildzüchtung“.
Im südhessischen Lorsch gibt es nun im Freilichtlabor Lauresham ein Projekt zur Züchtung eines „Auerrindes“, bei dem aus fünf Ausgangsrassen wie Watussi-Rindern aus Ostafrika oder Sayaguesa-Rindern aus Spanien Nachkommen gezüchtet werden sollen, die den einstigen Wildtieren nicht nur möglichst ähnlich sehen: Ziel ist es auch, eine genetische Ähnlichkeit und damit auch ein „Ur“-ähnliches Verhalten zu züchten. Den Experten ist allerdings auch klar, dass sie wohl nie mehr Riesen wie vor einigen hundert Jahren mit einem Stockmaß von zwei Metern, einem Gewicht von einer Tonne und Hörnern mit einer Länge von 80 Zentimetern schaffen können.
Die #Auerochsen im Südwesten, die bereits in ganz Deutschland und seit einigen Jahren auch in der Pfalz leben, werden als „tierische Landschaftspfleger“ nutzbringend eingesetzt. Sie halten die Wiesentäler offen und sorgen dafür, dass die Verbuschung der Wiesen im Rahmen bleibt. Das entsprechende Beweidungsprojekt des Biospärenreservats im Pfälzerwald und in den Nordvogesen beeindruckte bei einer Exkursion in diese Region die Experten aus Südhessen, die vor allem die Möglichkeiten des gerade im Aufbau befindlichen Projekts in Frankenstein schätzen.
Für Wanderer und Spaziergänger sind die meist in riesigen Freigehegen lebenden Heckrinder der pfälzischen Beweidungsprojekte keine Gefahr – oft sieht man sie selbst beim nahen Vorbeiwandern nicht einmal In St. Martin haben sie einen Auslauf von rund 40 Hektar, in Gräfenhausen sind es 13 Hektar und in Frankenstein sollen am steilen Nordhang unterhalb des Sportplatzes über dem Dorf auf 25 Hektar Heckrinder für einen lichten und damit lebensfähigen Wald sorgen. Im südpfälzischen Wieslautertal verteilen sich zehn Heckrinder über eine ebenfalls mehrere Hektar große Wald- und Wiesenweide.