Ein Kranz aus Reben oder Efeu mit flatternden bunten Bändern, manchmal zusätzlich auch eine grüne oder rote Lampe – das sind die einzigen optischen Hinweise auf eine Einrichtung, die den deutschen und österreichischen Weinbaugebieten eine zusätzliche touristische Attraktion beschert. Sie heißt in der Pfalz Straußwirtschaft, in Württemberg nennt man sie Besenschänke, in Franken Hecken- oder Häckerwirtschaft und in Österreich Buschenschank. Wenn zudem im Herbst ein weißer Plastikbehälter am Tor baumelt, weiß der Kenner: Der „Neue“ brodelt im Fass…
Dass es diese Ausschankstellen für Wein vom Winzer gibt, ist angeblich Kaiser Karl dem Großen (747-814) zu verdanken, der vor rund zwölf Jahrhunderten diese Art von „Gutsausschank“ initiierte. Den Winzern wurde damals erlaubt, ihren eigenen Wein „ab Hof“ zu verkaufen – wenn sie nach der Ablieferung des „Zehnten“ und aller anderen Abgaben an die Obrigkeit noch etwas übrig hatten… So entstanden im Laufe der Jahrhunderte einfache Schänken, die die Zeiten überdauerten – heute jedoch einem festen Reglement der Behörden unterliegen.
So dürfen in Rheinland-Pfalz die Winzer erlaubnis- und abgabenfrei ihren Wein in einer eigenen Hofschänke verkaufen – aber nur insgesamt vier Monate lang und zu maximal zwei Abschnitten im Jahr. Doch das ist nicht die einzige Einschränkung: Die durch einen bunten Strauß oder einen Kranz erkennbaren Schankstellen müssen sich direkt im Winzerhof befinden und dürfen nicht in gemieteten Räumen installiert werden. In einigen Gegenden dürfen sie allenfalls 40 Plätze haben – in Rheinland-Pfalz gibt es indes nach oben keine Grenzen. Aber: Ausgeschenkt werden darf nur eigener Wein – auf gar keinen Fall Bier.
Die Reglementierung geht noch weiter: „Aufwändige Gerichte sind nicht erlaubt,“ heißt es zum kulinarischen Angebot. So sind in den vermutlich rund hundert pfälzischen Straußwirtschaften, von denen es nach Angaben der Pfalzweinwerbung keine offizielle Auflistung gibt, „Weck, Worscht und Woi“ erlaubt, auch gegen die kulinarische „Pfälzer Dreifaltigkeit“ Bratwurst, Saumagen und Leberknödel gab es bisher keine behördlichen Einwände – „aber irgendwie lebt man in einer Grauzone,“ sagt Gunter Steuer, der in Lambsheim im Frühjahr und Herbst jeweils zwei Monate lang eine Straußwirtschaft betreibt.
Denn auf der überschaubaren Speisekarte steht neuerdings meist auch die Rubrik „Flammkuchen“ und einige Winzer bieten größeren Gruppen auf Vorbestellung auch Rollbraten oder Schweinehaxe als „Unterlage“ an. Manche Straußwirtschaften überraschen mit Edlem wie Räucherlachs oder Serranoschinken, Forellenfilet oder Fisch-Gourmetteller. Der offiziell „saisonal geöffnet Weinausschank“ mutiert dann mancherorts zu einem echten Gourmettempel mit einem Strauß am Haus, der eigentlich eine ganz bescheidene Schankstelle verheißt.
Die meisten Pfälzer Straußwirtschaften haben erst zur Herbstzeit geöffnet, wenn der neue Wein lockt – im September und Oktober. Aber auch schon im Frühjahr kann man (meist zwischen Freitag und Sonntag) da und dort einkehren. Bei den meisten Winzern kann man bei angenehmer Witterung auch im Freien sitzen.